Love Machine
Glanz und Elend des Kaufrauschs an der Kö. Es ist was faul in Düsseldorf, dem
Dallas von Nordrhein westphalia. Medienüberfressen und überstrapaziert laufen die
schönen, reichen und verdammten durch die geilste Kulturmetropole der BRD, neben
Bottrop. Über der Stadt hängt die nervöse Erwartung einer Katastrophe, welcher
genau, ist noch nicht ganz klar. Allgemein-sediert im Paradies der kleinen Freuden,
schaffen Vollsuff und masochistische Selbstentsagung Linderung. Endlich ein
Produkt sein, sleek, sexy, abwaschbar und mit auswechselbaren Teilen.
In ihrem 5. Album, „Alles Ok“ wagen „Love Machine“ eine Bestandsaufnahme
unserer deutschen Umstände und liefern nebenbei Zappelsongs auf 180 für
romantische Nymphomanen und lebensmüde Rauschgift-Enthusiasten. Entgegen
der weitgefächerten Einfühlsamkeit von Rösches-Texten ist der Sound der Band
härter und brutaler geworden. „Alles Ok“ spricht der Text, während die wuchtigen
Instrumentals einen vom Gegenteil überzeugen wollen.
So wie die Lyrics zwischen Hedonismus-Taubheit und einem schlecht unterdrückten
Bewusstsein für den permanenten Ausnahmezustand vor der Haustüre changieren,
so oszilliert auch das multi-phasische Songwriting zwischen den Extremen.
Schwitzige Krawall-Hits wie „Ray Ban aus dem Internet“ und „FUN“ türmen Riffs wie
im Stakkato übereinander, bevor sie in der Hitze zwischen Fuzz und
Gitarrenfeedback verglühen. „Vorne An“ wechselt zuerst von kreischenden noise-
Gitarren in einen treibenden Krautrock-groove, der selbe lockere Rock-Swagger
bewegt auch den zukünftigen Kneipenzech-Klassiker „A Go Go“. Über die 10 Songs
des Albums entfaltet die Band ein Kaleidoskop der Düsseldorfer-Randexistenzen,
ihrer Glücksversprechen und Lebenslügen. Dabei balancieren die Texte des Sängers
Marcel Rösche feinsinnig an einem Drahtseil entlang, finden den Funken Wahrheit
innerhalb der groteskesten Selbstzeugnisse und die tiefsten Abgründe hinter der
Normalität. Lyrisch, zeichnet Rösche scharfe Charakterskizzen, bricht Dogmen und
Sehnsüchte der Charaktere in präzise überzeichnete Parolen runter, dich sich
dennoch der Eindeutigkeit entziehen. Feiern die verlorenen Seelen aus Rösches
Panoptiken nun die rasende Selbstauflösung im Zeitgeist, oder ergeben sie sich ihm,
weil es für sie kein Außerhalb mehr gibt?